Mitte August erteilte die Regierung von Oberbayern den Planfeststellungsbeschluss für die ED 99 – Nordumfahrung Erding. Hiergegen hat fristgerecht der Bund Naturschutz eine Klage vor Gericht erhoben. Das „Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen“, dem neben dem Bund Naturschutz und weiteren Gruppierungen auch der VCD – Verkehrsclub Deutschland angehören, hat sich wiederholt entschieden gegen dieses Straßenbauprojekt ausgesprochen.
„Die Stadt Erding würde mit der Nordumfahrung eine neue Straße bauen, die einerseits kaum Entlastung für Erding bringt„, so VCD-Kreisvorsitzender Alfred Schreiber. „Andererseits zerstört sich damit die Stadt Erding ‚ohne Not‘ ihr eigenes Naherholungsgebiet nahe des Kronthaler Weihers. Nutznießer dieser Straße wäre in erster Linie der Flughafen, der sich damit eine weitere Expansion erhofft, beispielsweise mit einer dritten Startbahn.„
Explizit wird diese Nordumfahrung Erding als „ein wichtiges Erschließungsprojekt des Flughafens“ bezeichnet. Erst kürzlich ließ sich der Flughafen „ewiges Baurecht“ für eine dritte Start- und Landebahn bestätigen. Schreiber weiter: „möchte die Stadt Erding solch ein ungezügeltes Wachstum des Flughafens unterstützen?„
Eine dritte Startbahn ist schlichtweg nicht erforderlich und hätte fatale Auswirkungen für die ganze Region – mit deutlich mehr Lärm und Schadstoffen, so der VCD. Gesundheitliche Beeinträchtigungen und eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität wären die Folge. Dabei ist das einer dritten Startbahn zugrunde liegende Geschäftsmodell längst überholt. Es sieht vor, Zubringerflüge aus halb Europa „zum Drehkreuz München“ zu bringen, zum Umsteigen. In der Praxis gilt aber seit einiger Zeit bereits „point-to-point“, also Direktflüge. Es besteht so gut wie keine Bereitschaft mehr, aus Wien, Prag oder Zürich extra nach München zu fliegen, um hier umzusteigen
Der VCD fordert daher die Stadt Erding auf, dieses unnötige, extrem teure und sehr schädliche Großprojekt einer Nordumfahrung vollständig aufzugeben. Stattdessen sollte verstärkt auf den ÖPNV und Ausbau des Schienenverkehrs gesetzt werden.
ÖPNV statt Straßenbau – Nordumfahrung ED 99 stoppen!
Gemeinsame Pressemitteilung des „Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen“
Klimaschädlich, naturzerstörend, unnötig und teuer – das „Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen“ lehnt den 100-Millionen-Bau der geplanten Nordumfahrung ED 99 bei Erding weiter ab und fordert stattdessen einen flächendeckenden Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) und des Rad- und Fußverkehrs. Mit einem begehbaren Zugbanner protestieren heute die Bündnispartner vor dem Landratsamt Erding, das zuständig ist für den ÖPNV im Landkreis.
Wolfgang Fritz, Initiator des Bündnisses und Vorstandsmitglied der BUND Naturschutz-Kreisgruppe Erding fragt sich: „Wie kann man in dieser Zeit noch an so einer Planung aus dem vergangenen Jahrhundert festhalten? Die massiven Auswirkungen des Klimawandels sind auch hier nicht mehr zu leugnen. Und dennoch soll weiterhin Beton, Stahl und Asphalt in unglaublichem Ausmaß verbaut werden und es wird eine klimafeindliche Infrastruktur auf Jahrzehnte festgelegt, obwohl wir so dringend eine Verkehrswende hin zu öffentlicher Mobilität und Radverkehr brauchen. Die letzten Naturräume und Naherholungsgebiete vor Erdings Haustür werden zerstört, zudem wertvolle Ackerböden versiegelt die für unsere Nahrungsmittelproduktion benötigt werden. 35-40 ha sollen durch die Nordumfahrung zerstört werden„.
Mehr Straßen fördern den Autoverkehr“ – diese alte Erkenntnis gilt weiterhin, bestätigt Vilmar Eggerstorfer vom VCD Kreisverband Erding. „Die bestehenden Herausforderungen im Straßenverkehr bekommt man nicht mehr mit den alten Maßnahmen in den Griff, da andere Probleme immer stärker in den Vordergrund treten wie Zersiedelung und Flächenverbrauch, gesundheits- und klimaschädliche Emissionen und hohe Kosten für die Gesellschaft. Erding und das Land brauchen ein innovatives Mobilitätskonzept statt monströser Straße und eine dritte Startbahn, weil sie den veränderten Rahmenbedingungen im Landkreis nicht gerecht werden„.
Das Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen protestiert gegen die Nordumfahrung ED99 und für den Ausbau des ÖPNVs und Radverkehrs in und um Erding Photo: Julika Schreiber
Julika Schreiber, BN Regionalreferentin Oberbayern konstatiert: „Um die Daseinsvorsorge und die Teilhabe an der Gesellschaft zu gewährleisten, brauchen wir ein umfassendes und gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz. Es müssen auch Personen wie Rentner*innen, Asylbewerber*innen und Azubis, die selbst kein Auto fahren, von A nach B kommen. Die Betriebe beschweren sich darüber, dass sie keine Azubis bekommen, weil dort kein Bus hinfährt. Die Auswirkungen auf die Gesellschaft sind dramatisch„.
Uschi Schmidt-Hoensdorf, LBV Kreisvorsitzende und Norbert Hufschmid, BN-Vorstandsmitglied der KG Erding sind sich einig: „Wenn wir die Verkehrswende schaffen wollen, braucht es massive Investitionen in den ÖPNV anstatt das Straßennetz weiter auszubauen. Nur so kann ein ausreichendes Angebot auch im ländlichen Bereich attraktiv sein und genügend Busfahrer*innen bezahlt werden. Gerade im ländlichen Raum ist es wesentlich, den ÖPNV auszubauen, damit der eigene PKW nicht die einzige Alternative für Transport ist„.
Hintergrund Seit über zwanzig Jahren wird an der Nordumfahrung von Erding (ED99) geplant, um die vermeintlich großen Verkehrsströme vom und zum Flughafen München um den Ort herumzuleiten. Doch diese Prognosen gingen vom Bau einer dritten Startbahn aus, die politisch längst begraben ist. Die Planung sieht eine 9,5 Kilometer lange Ost-West-Verbindung zwischen der Bundesstraße B 388 und der Flughafentangente Ost vor. Das Planfeststellungsverfahren läuft seit neun Jahren, die letzte Erörterung fand vergangenen Winter statt. Nach der obsoleten Verkehrsprognose in Sachen Flughafen begründet die Stadt die Umfahrung jetzt mit der Anbindung des neuen Stadtteils Fliegerhorst. Für den BN und das Bündnis ist das angesichts von Klimakrise und Flächenfraß aus der Zeit gefallen. Sie forderten Mitte Mai erneut, den öffentlichen Nahverkehr und das Radwegenetz auszubauen, anstatt mit großem finanziellen Aufwand Tonnen an Asphalt, Stahl und Beton zu verbauen und so eine klimafeindliche Infrastruktur auf Jahrzehnte zu zementieren. Der Bau der Umfahrung ginge mit großer Naturzerstörung einher und würde Flächen von 35 bis 40 Hektar versiegeln. Dazu laufen die Kosten aus dem Ruder: An die 100 Millionen Euro soll das „Grün-kaputt-Projekt“ inzwischen kosten. Davon müsste die Stadt Erding 30 bis 40 Millionen finanzieren. Das Bündnis fordert nun, das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu überprüfen, wie es der Bundesrechnungshof bereits bei den Planungen für die Bundesstraßen B 26n und B 10 verlangt hat. Erst kürzlich kündigte das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium Kürzungen des Autobahnbudgets aus Kostengründen an.
Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen: Nein zu dem 100 Mio. Projekt Nordumfahrung Erding
Pressemitteilung des „Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen“
Das Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen appelliert an die Politik in Stadt- und Kreistag: Stoppen Sie die Planungen und den Bau der unnötigen Nordumfahrung Erding ED 99 sofort und endgültig! Das Erörterungsverfahren im Winter 2023/24 hat eindrücklich vor Augen geführt, dass eine weitere Planung und der Bau der Straße abzulehnen ist aus drei hauptsächlichen Gründen:
Erstens sind immense Kosten zu erwarten, die den Stadthaushalt überdimensional belasten würden. Dieses Geld ist an anderer Stelle dringend notwendig. Bisherige Schätzungen gehen von ca. 100 Mio. Euro (SZ ED vom 31.5.2023) aus, wovon 30-40 % die Stadt selber stemmen müsste. Herbert Maier, Fraktionsvorsitzender der Erdinger Grünen, erläutert: „Erding steht vor einigen kostenintensiven Projekten wie dem Hochwasserschutz, Neubau von zwei Feuerwehrhäusern, dem oberirdischen Teil des neuen Bahnhofs und der Konversion des Militärflughafens. Die Kosten für die Nordumfahrung werden gegenüber der schon älteren Kostenschätzung deutlich nach oben gehen und ich glaube nicht, dass sich Erding diese dann noch leisten kann. Hier muss man abwägen, was für die Erdinger Bürgerinnen und Bürger die wichtigere Investition ist.„
Zweitens ist keine Planrechtfertigung mehr vorhanden. Das bedeutet, dass die Planungen von vor Jahrzehnten nicht mehr dem heutigen Stand entsprechen: Alfred Schreiber, Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland (VCD) Erding/Freising/Dachau, meint: „Fakt ist, dass die ursprünglichen Prognosen der Fluggastzahlen und die Flugbewegungen am Flughafen München nicht mehr erreicht werden können und damit meilenweit daneben sind. Die 3. Startbahn ist nun endgültig Geschichte. Auch die aktuellen Verkehrszählungen ergeben keine signifikante Erhöhung der PKW- und LKW-Fahrten in Richtung Flughafen im Vergleich zu den veralteten Verkehrsprognosen.“ Eine Anbindung des Fliegerhorstareals an das überörtliche Straßennetz – sofern der neue Stadtteil überhaupt so kommt wie gedacht – ließe sich wesentlich kostengünstiger und mit weniger Naturzerstörung realisieren.
Drittens – und aus diesem Grund hat sich das Bündnis ursprünglich 2021 gegründet – geht der Bau der Straße mit großer Naturzerstörung und mit Flächenversiegelung von 35-40 ha einher und ist zudem noch extrem klimaschädigend. Wolfgang Fritz, Initiator des Bündnisses und Vorstandsmitglied der BUND Naturschutz-Kreisgruppe Erding sieht sich durch das Erörterungsverfahren in seiner Ablehnung bestätigt: „Wie kann man in dieser Zeit noch an so eine Planung aus dem vergangenen Jahrhundert festhalten. Die massiven Auswirkungen des Klimawandels sind auch hier nicht mehr zu leugnen. Und dennoch soll weiterhin Beton, Stahl und Asphalt in unglaublichem Ausmaß verbaut werden und es wird eine klimafeindliche Infrastruktur auf Jahrzehnte festgelegt, obwohl wir so dringend eine Verkehrswende hin zu öffentlicher Mobilität und Radverkehr brauchen. Die letzten Naturräume und Naherholungsgebiete vor Erdings Haustür werden zerstört, zudem wertvolle Ackerböden versiegelt die für unsere Nahrungsmittelproduktion benötigt werden.„
Das Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen appelliert an die Politikerinnen und Politiker aus Stadtrat, Kreistag und an die Regierung von Oberbayern von diesen Planungen Abstand zu nehmen und sich für eine zukunftsfähige Stadt- und Kreisentwicklung einzusetzen, die ein Leben in und um Erding auch noch in den nächsten Jahrzehnten attraktiv macht. Der BUND Naturschutz und alle weiteren Bündnispartner stehen für einen Dialog gerne zur Verfügung: Auf der Suche nach Alternativen und nach kreativen Lösungen, die eine wirkliche Mobilitätswende zum Ziel haben.
Anhang: Detailinformationen zur Bewertung von Straßenneubauten Bei derart aus dem Ruder laufenden Kosten wie es bei der ED 99 der Fall ist, wird das Verhältnis von Aufwand und Ertrag für diese Straße immer fragwürdiger. So stellt z.B. der Bundesrechnungshof (BRH) für zwei Straßenbauprojekte des Bundesverkehrswegeplans 2030 (BVWP) und zwar für die B26n und die B10 lapidar fest, dass Bedarf und Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen seien (Deutscher Bundestag, 20. WP, Drucksache 20/9700, S. 150 ff.). Der BRH mahnt beim zuständigen Verkehrsministerium (BMDV) eine Überprüfung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses (NKV) für diese zwei Bundesfernstraßen an, im Wesentlichen wegen veralteter Daten bzw. neuer Sachlagen. Und weiter heißt es in der Drucksache: „Insbesondere umwelt- und klimarelevante Aspekte könnten dabei eine deutlich höhere Bewertung erfahren.“ Analog zu dieser Überprüfung verlangen auch wir, dass Bedarf und Wirtschaftlichkeit für die Nordumfahrung Erding kritisch und ergebnisoffen überprüft und dabei kostengünstigere Alternativen einbezogen werden. Umwelt- und klimarelevante Aspekte sind beim Bau der ED 99 stark betroffen, so z.B. der enorme Flächenverbrauch, die erhebliche Landschaftszerstörung im Norden Erdings sowie der CO2-Ausstoß beim Bau der Straße durch Freisetzung beim Aushub sowie dem Verbau von Stahl, Beton und Asphalt, deren Produktion große Mengen an Kohlenstoffdioxid verursacht.
Die Flughafentangente Ost: weitere gravierende Beeinträchtigungen von Vogelschutzgebieten wären die Folge des geplanten 4-spurigen Ausbaus Photo: Andreas Kagermeier
FTO (Flughafentangente Ost)
Die „Flughafentangente Ost“ ist die Staatsstraße 2580 des Freistaats Bayern. Sie verbindet die beiden Autobahnen A92 und A94, mit gleichzeitiger Anbindung des Münchner Flughafens von Osten her, von der Stadt Erding. Bisher bestand diese Straße – wie eine normale Bundesstraße – mit zwei Fahrspuren; es handelt sich um eine sehr unfallträchtige Straße. Seit einigen Jahren gibt es Forderungen nach einem massiven Ausbau auf insgesamt vier Spuren. Seit kurzem fertiggestellt wurde der Streckenabschnitt südlich der Stadt Erding bis zur B388 im Ausbau mit insgesamt drei Fahrspuren, also wechselseitigem Überholen.
Im Planfeststellungsverfahren waren Einwendungen bei der Regierung von Oberbayern bis 29. Januar 2022 möglich, für einen vierspurigen Ausbau auf dem Streckenabschnitt Erding-Nord bis zum Flughafen.
Hier sollen somit autobahn-ähnlich vier Fahrspuren zwischen der Stadt Erding und dem Flughafen entstehen. Gegen diese Ausbaupläne gibt es erheblichen Widerstand – das „Erdinger Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen“, dem der Bund Naturschutz, der LBV (Landesbund für Vogelschutz), die ÖDP, die Grünen, Tagwerk, etliche Privatpersonen und der VCD angehören.
In dem laufenden Planfeststellungsverfahren für den vierspurigen Ausbau wird nicht gezeigt, ob und wie durch den Neubau dieses Straßenabschnitts eine Reduktion der Treibhausgase erreicht wird. Das fordert aber das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit seiner Entscheidung vom 29. April 2021. Es stellt „die Verpflichtung, Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels, etwa vor klimabedingten Extremwetterereignissen (…), zu schützen“ in den Vordergrund. Seit dem kann der Klimaschutz nicht mehr nur nebenbei behandelt werden. Wenn die Planer andere Schwerpunkte für wichtiger erachten, müssen sie es ausführlich begründen. Diese Begründung steht noch aus.
Der mit der vierspurigen Ausbaumaßnahme beabsichtige Zeitgewinn wäre minimal und rechtfertigt nicht die enormen Eingriffe und Kosten; vielmehr sollte mit anderen geeigneten Maßnahmen die Verkehrssicherheit erhöht werden.
In dem Verkehrsgutachten vom 4. September 2020 wird der begonnene S-Bahn-Ringschluss zwischen Flughafen München und Erding mit keinem Wort erwähnt. Aber die Tektur wurde trotzdem daraufhin dimensioniert. Diese neue S-Bahn-Anbindung des Flughafens kann die Straßenverbindung erheblich entlasten. Darum sollten diese Ausbaupläne aufgegeben werden!
Veränderung und Versiegelung der Landschaft durch überdimensionierte Planungen am Beispiel des Kreisels Wartenberger Tor Photo: Samuel Hendler, BUND Naturschutz
Nordumfahrung Erding
Im Rahmen einer Tektur 2021 wurde weitgehend an den bisherigen Planungen festgehalten.
Der VCD hält dieses Vorhaben für nicht notwendig und sehr schädlich – und rief auf zu Einwendungen bei der Regierung von Oberbayern – diese waren möglich teils bis 28. Juni 2021.
Bei der Regierung von Oberbayern gingen daraufhin zu dieser Tektur 2021 rund 800 Einwendungen ein.
Im Rahmen des ursprünglichen Planfeststellungsverfahrens gingen zahlreiche Einwendungen bis Fristende 8. Dezember 2014 bei der Regierung von Oberbayern bzw. den beteiligten Gemeinden ein; darunter 558 Einwendungen in der Stadt Erding (incl. Langengeisling) sowie 1071 in der Gemeinde Bockhorn. Weitere Einwendungen erfolgten in den Gemeinden Fraunberg und Eitting.
Der VCD lehnt die geplante Nordumfahrung Erding entschieden ab. Geplant ist eine neue Straße als Kreisstraße ED99, eine Verbindung von der B388 bei Unterstrogn (Gemeinde Bockhorn, nördlich der Stadt Erding) in Richtung Flughafen München. Die Straße ist in erster Linie für die Flughafenerschließung konzipiert – die Flughafengesellschaft bekam für die Planungskosten bereits 5 Mio. Euro als Zuschuss – soll aber angeblich auch eine Entlastung für die Stadt Erding bringen. Den Planungsunterlagen ist jedoch zu entnehmen, dass auf der stark belasteten Anton-Bruckner-Straße die Zahl der täglichen Autos gerade einmal von 20.000 auf 18.000 fallen soll – also überhaupt nicht spürbar sein wird! Dafür soll die bisher relativ naturnahe Landschaft (Lebensraum u. a. für Störche) nördlich der Stadt Erding brutal durchschnitten werden, wertvolle naturnahe und landwirtschaftliche Flächen sollen der Straße zum Opfer fallen!
Die Verkehrsprobleme werden mit dieser Straße keinesfalls gelöst, es gibt aber gravierende Nachteile. Die angesetzten Kosten von rund 60 Mio. Euro stellen dabei noch das geringste Problem dar. Mögliche Alternativrouten wurden überhaupt nicht ernsthaft geprüft, auch nicht bei der Tektur.
Veränderung und Versiegelung der Landschaft durch überdimensionierte Planungen am Beispiel des Kreisels Wartenberger Tor Photo: Samuel Hendler, BUND Naturschutz
Neben Zerstörung von Landschaft und Natur wird diese neue Straße eine enorme Sogwirkung haben und neuen Verkehr anziehen. Es ist mit erheblichem „Schleichverkehr“ durch die Gemeinde Bockhorn zu rechnen. Durch die zahlreichen Brückenbauwerke und Dämme wird der Verkehrslärm ungehindert kilometerweit in die Fläche strömen und weite Teile des Umlandes der Stadt Erding verlärmen, incl. des Naherholungsgebietes „Kronthaler Weiher“ – die Stadt Erding zerstört sich damit ihr eigenes Naherholungsgebiet.
Dabei gehen die Planungen von völlig falschen Voraussetzungen aus. Grundlage für die Planungen zur Nordumfahrung Erding ist die geplante 3. Startbahn am Flughafen München, die als gegeben vorausgesetzt wird und für alle Daten die Basis bildet. Durch den Bürgerentscheid am 17. Februar 2012 in der Landeshauptstadt München und die Aussage von Ministerpräsident Söder im September 2020 wurde die 3. Start- und Landebahn am Münchner Flughafen de facto gestoppt.
Der VCD fordert die vollständige Aufgabe der Nordumfahrung Erding!
Aktion des „Erdinger Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen“ in Langengeisling gegen Nordumfahrung Erding Photo: Marcus Engstle (BN)
Pressemitteilung
Erding, 04.06.2021
Nordumfahrung Erding aufgeben!
Erdinger Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen fordert den Verzicht der geplanten Nordumfahrung Erding (ED99)
Am bundesweiten Aktionswochenende „Mobilitätswende jetzt“ zum Umdenken in der Verkehrspolitik zeigt das Bündnis die drastische Landschaftszerschneidung bei Langengeisling auf.
Zurzeit findet die Anhörung zum Planfeststellungsverfahren Erdinger Nordumfahrung (ED99) statt. Diese soll das Naherholungsgebiet an Sempt und Fehlbach auf einem massiven Damm und Brückenbauwerk kreuzen. Die Straße soll 9 km durch landwirtschaftliche Flächen gehen. Die Folge wäre ein erheblicher Flächenverbrauch und die Zerstörung von Natur, Naherholung und landwirtschaftlichen Flächen. Das Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen und weitere engagierte Bürger lehnen die angebliche Entlastungsstraße ab.
Und das sind ihre Worte:
Der Kreisvorsitzende des Verkehrsclub Deutschland Alfred Schreiber hat eine klare Botschaft: „Die ED 99 ist als Flughafenzubringer mit einer 3. Start- und Lande-Bahn geplant. Diese ist wohl endgültig gestorben. Damit hat sich auch die ganze Entwicklung geändert. Es braucht keinen weiteren Zubringer zum Flughafen München!„
Landwirt Jakob Maier und Tagwerk-Geschäftsführer Michael Rittershofer sind sich einig: „Wir können es uns nicht mehr leisten, noch mehr Landschaft und fruchtbaren Ackerboden unter Asphalt zu begraben„.
„Und die Straße bedeutet einen weiteren massiven Eingriff in Lebensräume von Kiebitz und Feldlerche und den europarechtlich geschützten Strogn-Lauf„, erläutert LBV-Kreisvorsitzende Uschi Schmidt-Hoensdorf.
Bockhorner und Langengeislinger Bürger und Bürgerinnen haben erkannt, dass eine neue Straße nur mehr Verkehr erzeugt.
Norbert Hufschmid, Ortsvorsitzender des BUND Naturschutz (BN) Erding ruft deshalb zu Einwendungen gegen die geplante Nordumfahrung Erding auf. „Noch bis 28. Juni können alle Bürger und Bürgerinnen bei der Gemeinde Bockhorn ihre Bedenken und Forderungen einbringen„. Denn die Planung hat keine Rechtfertigung mehr. Klimaschutz und eine andere Mobilität sind wichtiger.
Luftballons verdeutlichen die Dimension der geplanten Bauwerke für die Nordumfahrung Erding Photo: Marcus Engstle (BN)
Wolfgang Fritz, Initiator des Bündnisses, fordert einen sofortigen Planungsstop für alle derzeit geplanten Straßenbauprojekte im Landkreis Erding, die Nordumfahrung Erding ED 99, die Flughafentangente Ost (FTO ST 2580) sowie die B 388 Ortsumfahrungen Moosinning, Erding Süd-Ost, Grünbach und Taufkirchen. Die Zeit soll genutzt werden um die Mobilität im Landkreis neu zu denken. Die Fragen nach den Verkehrsproblemen der kommenden Jahrzehnte müssen mit zukunftsorientierten Lösungsvorschlägen beantwortet werden, nicht mit dem stereotypen Ruf nach immer mehr Straßen. Dies bedeutet insbesondere Verkehrsvermeidung durch Verlagerung auf die Schiene, den ÖPNV, der konsequente Ausbau der Radmobilität sowie von Car-Sharing-Angeboten. Dazu kommen die digitalen Möglichkeiten wie z. B. Mitfahrer-Apps und der Ausbau des Home-Office.
Einig sind sich alle beim Klimaschutz: Der jüngste Beschluss des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet zu einer umweltschonenderen Verkehrsplanung ohne große neue Straßen!
Vilmar Eggerstorfer erwähnt dazu noch: „Die alten Überlegungen und Zielvorgaben müssen völlig neu bewertet werden. Die Politik darf drastische Schritte zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen nicht zu Lasten der jungen Generation auf die lange Bank schieben und erst mal weiter machen wie bisher„.
Erläuterung: Mobilitätswende jetzt! Das bundesweite Aktionswochenende am 5./6. Juni zum Neustart in der Verkehrspolitik Bundesweit werden tausende Menschen auf die Straße gehen, um einen Neustart in der Verkehrspolitik zu fordern. In zahlreichen Aktionen in ganz Deutschland machen sich BUND-Aktive stark für eine sozial-ökologische Mobilitätswende. Dies bedeutet insbesondere Verkehrsvermeidung durch Verlagerung auf die Schiene, den ÖPNV, der konsequente Ausbau der Radmobilität sowie von Car-Sharing Angeboten. Dazu kommen die digitalen Möglichkeiten wie z. B. Mitfahrer-Apps und der Ausbau des Home-Office.
Erdinger Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen gegründet
Für Klimaschutz, Flächensparen und eine nachhaltige Mobilität: Kein weiterer Ausbau der Flughafentangente Ost (FTO)!
Für diese Ziele hat sich in Erding ein breites Bündnis zusammengefunden. Der aktuelle Stein des Anstoßes: Der geplante vierstreifige Ausbau der FTO und die extrem ausufernde Verkehrsinfrastruktur im Landkreis Erding.
Der geplante vierstreifige Ausbau der FTO ist eine Investition in Flächenverbrauch und Ver-kehrsförderung auf Basis völlig veralteter Annahmen.
Der vierstreifiger Ausbau der FTO genauso wie die Nordumfahrung Erding sind nur einige aktuelle Planungen, die einen gewaltigen Flächenverbrauch nach sich ziehen. „Flächen, die wir für Ackerbau, Erholung und Natur dringend brauchen„, so Jakob Maier.
Der BUND Naturschutz ergänzt: „Stattdessen brauchen wir eine nachhaltige und voraus-schauende Verkehrspolitik, die nicht nur Autos und LKWs mit Verbrennungsmotoren fördert!„, so Kreisvorsitzende Gabriele Betzmeir. Das Geld sollte besser in intelligentere Mobilität gesteckt werden. Wir können es uns nicht mehr leisten, noch mehr Natur zu verbauen. Seit 1980 steigt die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Bayern drastisch und ungebremst an; wesentlich stärker als die Einwohner. Das geht auf Kosten der Landwirtschafts- und Naturflächen (Datengrundlage: STMUV). Uschi Schmidt-Hoensdorf vom Landesbund für Vogelschutz ergänzt: Bei kaum einem Thema klaffen Anspruch und Wirklichkeit in Bayern so weit auseinander wie bei der Zerstörung und Versiegelung von Boden. Nur klare gesetzliche Bestimmungen können den Flächenverbrauch eindämmen. Unsere Natur und Kulturlandschaft wird andernfalls unwiederbringlich zerstört.
Dass neue Straßen keinen Verkehr vermeiden, sondern im Gegenteil mehr erzeugen, hat erst kürzlich das Handelsblatt berichtet: Kanadische Verkehrsökonomen kamen bei Ihren Untersu-chungen zu einem klaren Ergebnis: Mehr Straßen produzieren mehr Verkehr!
Alle diese Projekte dienen in weiten Teilen vorwiegend der Erschließung des Flughafens. Da ist es offensichtlich: Die Zahlen und Prognosen über die Verkehrsentwicklung sind von der Realität bereits überholt: „Eine 3.Startbahn am Flughafen kommt nicht. Stattdessen wird die weitere Entwicklung des Flughafens viel geringer ausfallen, als seinerzeit prognostiziert. Auch wird Homeoffice zunehmen und Mobilität wird sich in der Zukunft verändern„, so Alfred Schreiber vom VCD.
Und das will das Bündnis:
Jetzt ist es an der Zeit, neue Wege bei der Mobilität zu gehen. Klimaschutz und Bodenschutz sind wichtiger, als noch mehr Straßen in der Landschaft. Deshalb müssen wir auf weiteren Aus- oder Neubau von Straßen in der freien Landschaft verzichten.
Der weitere Ausbau der FTO und die Erdinger Nordumfahrung müssen aufgegeben werden. Klimaschutz im Landkreis muss gestärkt werden.
Flächenverbauungen müssen deutlich reduziert werden. Erholung, Natur und Ackerboden kann nicht für ein paar Minuten oder Sekunden schnellere Fahrt geopfert werden.
Verfehlte Verkehrspolitik: A 94 so schlimm wie befürchtet
Seit 01.10.2019 rollt jetzt der Verkehr auf dem neu eröffneten Abschnitt Pastetten-Heldenstein der A 94 München-Passau. Und es ist – genauso schlimm wie befürchtet und jahrelang vom Widerstand prophezeit – manche sagen sogar „es ist noch viel schlimmer, das hätten wir uns nie träumen lassen!„
Jetzt eilen CSU-Politiker bis hin zum bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder aufgeregt zu den Anwohnern und „suchen nach Lösungen“, wie ein Tempolimit von 120 … Dabei waren es genau diese Politiker, die jahrelang den Bau durch das Isental favorisiert und durchgesetzt haben!
Seit den 1970er Jahren gab es einen breiten Widerstand gegen das Vorhaben, die Autobahn A 94 München-Passau durch das reizvolle und schützenswerte Isental auf der „Trasse Dorfen“ zu bauen. Leider scheiterte letztendlich der Widerstand – politisch am Starrsinn der Bayerischen Staatsregierung, juristisch im November 2011 vor den Gerichten. Somit war der Widerstand seit 2012 beendet.
Es fand damit nicht nur eine ungeheure Zerstörung von Natur und Landschaft statt, auch aus finanzieller und verkehrstechnischer Hinsicht wäre die „Trasse Haag“ deutlich besser gewesen. Die zahlreichen Brückenbauwerke und massiven nötigen Erdbewegungen bei der Trassenführung durch das Isental verteuerten die Baumaßnahme unnötig, auf der Trasse Haag hätte die Strecke deutlich kostengünstiger und schneller gebaut werden können.
Dabei hätte die sehr unfallträchtige B 12 über die „Trasse Haag“ wesentlich schneller entschärft werden können.
Seit der A 94-Eröffnung im Oktober 2019 „laufen die Anwohner Sturm“, es hat sich angesichts des unerträglichen Lärms neuer Widerstand gebildet. Auch hat sich die Fahrzeit nach München verlängert, denn tagtäglich staut sich jetzt der Autoverkehr vor München.
Biermösl Blosn mit Alphorn auf einer widerstands-Kundgebung gegen die Isentalautobahn
Zusätzlich stöhnen die Dörfer in Autobahnnähe über massiven Durchgangsverkehr durch die Ortschaften – dabei ist ihnen jahrelang eine „Entlastung“ versprochen worden.
Es droht dem Landkreis Erding nunmehr sogar noch eine weitere Autobahn im Osten, die sogenannte „B 15 neu“ … und Dorfen bekäme dann ein richtiges „Autobahnkreuz“, wo der Schall das gesamte Isental an 365 Tagen im Jahr dann wirklich vollständig beschallt …
Herzlichen Glückwunsch! Der VCD lehnt den Weiterbau der B 15n südlich der A 92 (Landshut-Rosenheim) entschieden ab!
B 15 neu – Konzeptlosigkeit der Bayerischen Staatsregierung
Die Bekanntgabe vom 19.01.2015 von Verkehrsminister Joachim Herrmann, die Anmeldung der „B 15 neu“ aus dem Bundesverkehrswegeplan zurückzuziehen, begrüßte der VCD ausdrücklich. Die „B 15 neu“ muss (von Regensburg her kommend) an der A 92 endgültig enden. Nunmehr hat jedoch am 30.01.2015 Ministerpräsident Horst Seehofer „eine Rolle rückwärts“ gemacht. Es werde jetzt doch eine Anmeldung zum Bundesverkehrswegeplan geben; zum einen die ursprüngliche Trasse durch den Landkreis Mühldorf – die extra aus Naturschutzgründen herausgenommen worden war (mitten durch ein wertvolles FFH-Gebiet) – und alternativ ein Ausbau der bisherigen „B 15 alt‘ mit Ortsumfahrungen durch den Landkreis Erding. Nach Ansicht des VCD wird hier die Konzeptlosigkeit der Bayerischen Staatsregierung in voller Breite sichtbar.
Mit einem Weiterbau der ‚B 15 neu‘ südlich von Landshut würde es auch zu einer Zerstörung der Landschaft und zu einem Verlust wertvoller landwirtschaftlichen Flächen kommen. Auf dem bereits fertig gestellten Teilstück der ‚B 15 neu‘ – von Regensburg bis kurz vor Landshut – kann man sich ein Bild davon machen, wie mit der ‚B 15 neu‘ eine Autobahntrasse brutal die Landschaft durchschneidet und zerstört. Anstelle einer „Bundesstraße“ praktisch eine vierspurige Autobahntrasse, mit einer bis zu 100 Meter breiten Schneise durch das tertiäre Hügelland – ein völlig überdimensioniertes Verkehrsprojekt.
Ein solcher Ausbau von Landshut nach Rosenheim ist nach Ansicht des VCD auch überhaupt nicht nötig, weder auf einer Trasse durch den Landkreis Mühldorf, noch durch den Landkreis Erding. Eine für rund 300 Millionen Euro teure Ost-Süd-Umfahrung von Landshut lehnt der VCD ebenfalls ab.
Güterverkehr sollte zunehmend auf die Schiene zu verlagert werden. So kommt immer mehr der „Kombi-Verkehr“ in den Blickpunkt der Wirtschaft. Schwerlastverkehr über große Distanzen wird dabei auf die Bahn verladen. Die bisherige B 15 im Landkreis Erding hat lediglich rund 8000 Fahrzeuge täglich, unter dem Durchschnitt einer Bundesstraße. Der Güter-Transitverkehr jedoch wird in absehbarer Zeit zunehmend auf die Schiene verlagert (Gotthard-Basistunnel kurz vor der Eröffnung, Brenner-Basistunnel ist in Bau). Es macht nach Ansicht des VCD überhaupt keinen Sinn, Schwerlast-Transit-Verkehr mittels Laster einmal quer durch Bayern zu transportieren, um dann in Kiefersfelden oder Rosenheim auf die Schiene verlagert zu werden. Dies kann genauso gut bereits in Landshut, Regensburg, Nürnberg oder Hof geschehen.
Für den Personenverkehr sollten die Schienenwege und der ÖPNV ausgebaut werden. Derzeit gibt es in Stadt und Landkreis Landshut Planungen für einen Verkehrsverbund – nach Ansicht des VCD ein richtiger Schritt. Auch im Landkreis Erding könnten beim ÖPNV die Hauptverbindungen weiter ausgebaut werden – so beispielsweise für Taufkirchen/Vils und St. Wolfgang – um mehr Leute zum Umsteigen zu bewegen.