Mitte August erteilte die Regierung von Oberbayern den Planfeststellungsbeschluss für die ED 99 – Nordumfahrung Erding. Hiergegen hat fristgerecht der Bund Naturschutz eine Klage vor Gericht erhoben. Das „Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen“, dem neben dem Bund Naturschutz und weiteren Gruppierungen auch der VCD – Verkehrsclub Deutschland angehören, hat sich wiederholt entschieden gegen dieses Straßenbauprojekt ausgesprochen.
„Die Stadt Erding würde mit der Nordumfahrung eine neue Straße bauen, die einerseits kaum Entlastung für Erding bringt„, so VCD-Kreisvorsitzender Alfred Schreiber. „Andererseits zerstört sich damit die Stadt Erding ‚ohne Not‘ ihr eigenes Naherholungsgebiet nahe des Kronthaler Weihers. Nutznießer dieser Straße wäre in erster Linie der Flughafen, der sich damit eine weitere Expansion erhofft, beispielsweise mit einer dritten Startbahn.„
Explizit wird diese Nordumfahrung Erding als „ein wichtiges Erschließungsprojekt des Flughafens“ bezeichnet. Erst kürzlich ließ sich der Flughafen „ewiges Baurecht“ für eine dritte Start- und Landebahn bestätigen. Schreiber weiter: „möchte die Stadt Erding solch ein ungezügeltes Wachstum des Flughafens unterstützen?„
Eine dritte Startbahn ist schlichtweg nicht erforderlich und hätte fatale Auswirkungen für die ganze Region – mit deutlich mehr Lärm und Schadstoffen, so der VCD. Gesundheitliche Beeinträchtigungen und eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität wären die Folge. Dabei ist das einer dritten Startbahn zugrunde liegende Geschäftsmodell längst überholt. Es sieht vor, Zubringerflüge aus halb Europa „zum Drehkreuz München“ zu bringen, zum Umsteigen. In der Praxis gilt aber seit einiger Zeit bereits „point-to-point“, also Direktflüge. Es besteht so gut wie keine Bereitschaft mehr, aus Wien, Prag oder Zürich extra nach München zu fliegen, um hier umzusteigen
Der VCD fordert daher die Stadt Erding auf, dieses unnötige, extrem teure und sehr schädliche Großprojekt einer Nordumfahrung vollständig aufzugeben. Stattdessen sollte verstärkt auf den ÖPNV und Ausbau des Schienenverkehrs gesetzt werden.
ÖPNV statt Straßenbau – Nordumfahrung ED 99 stoppen!
Gemeinsame Pressemitteilung des „Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen“
Klimaschädlich, naturzerstörend, unnötig und teuer – das „Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen“ lehnt den 100-Millionen-Bau der geplanten Nordumfahrung ED 99 bei Erding weiter ab und fordert stattdessen einen flächendeckenden Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) und des Rad- und Fußverkehrs. Mit einem begehbaren Zugbanner protestieren heute die Bündnispartner vor dem Landratsamt Erding, das zuständig ist für den ÖPNV im Landkreis.
Wolfgang Fritz, Initiator des Bündnisses und Vorstandsmitglied der BUND Naturschutz-Kreisgruppe Erding fragt sich: „Wie kann man in dieser Zeit noch an so einer Planung aus dem vergangenen Jahrhundert festhalten? Die massiven Auswirkungen des Klimawandels sind auch hier nicht mehr zu leugnen. Und dennoch soll weiterhin Beton, Stahl und Asphalt in unglaublichem Ausmaß verbaut werden und es wird eine klimafeindliche Infrastruktur auf Jahrzehnte festgelegt, obwohl wir so dringend eine Verkehrswende hin zu öffentlicher Mobilität und Radverkehr brauchen. Die letzten Naturräume und Naherholungsgebiete vor Erdings Haustür werden zerstört, zudem wertvolle Ackerböden versiegelt die für unsere Nahrungsmittelproduktion benötigt werden. 35-40 ha sollen durch die Nordumfahrung zerstört werden„.
Mehr Straßen fördern den Autoverkehr“ – diese alte Erkenntnis gilt weiterhin, bestätigt Vilmar Eggerstorfer vom VCD Kreisverband Erding. „Die bestehenden Herausforderungen im Straßenverkehr bekommt man nicht mehr mit den alten Maßnahmen in den Griff, da andere Probleme immer stärker in den Vordergrund treten wie Zersiedelung und Flächenverbrauch, gesundheits- und klimaschädliche Emissionen und hohe Kosten für die Gesellschaft. Erding und das Land brauchen ein innovatives Mobilitätskonzept statt monströser Straße und eine dritte Startbahn, weil sie den veränderten Rahmenbedingungen im Landkreis nicht gerecht werden„.
Das Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen protestiert gegen die Nordumfahrung ED99 und für den Ausbau des ÖPNVs und Radverkehrs in und um Erding Photo: Julika Schreiber
Julika Schreiber, BN Regionalreferentin Oberbayern konstatiert: „Um die Daseinsvorsorge und die Teilhabe an der Gesellschaft zu gewährleisten, brauchen wir ein umfassendes und gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz. Es müssen auch Personen wie Rentner*innen, Asylbewerber*innen und Azubis, die selbst kein Auto fahren, von A nach B kommen. Die Betriebe beschweren sich darüber, dass sie keine Azubis bekommen, weil dort kein Bus hinfährt. Die Auswirkungen auf die Gesellschaft sind dramatisch„.
Uschi Schmidt-Hoensdorf, LBV Kreisvorsitzende und Norbert Hufschmid, BN-Vorstandsmitglied der KG Erding sind sich einig: „Wenn wir die Verkehrswende schaffen wollen, braucht es massive Investitionen in den ÖPNV anstatt das Straßennetz weiter auszubauen. Nur so kann ein ausreichendes Angebot auch im ländlichen Bereich attraktiv sein und genügend Busfahrer*innen bezahlt werden. Gerade im ländlichen Raum ist es wesentlich, den ÖPNV auszubauen, damit der eigene PKW nicht die einzige Alternative für Transport ist„.
Hintergrund Seit über zwanzig Jahren wird an der Nordumfahrung von Erding (ED99) geplant, um die vermeintlich großen Verkehrsströme vom und zum Flughafen München um den Ort herumzuleiten. Doch diese Prognosen gingen vom Bau einer dritten Startbahn aus, die politisch längst begraben ist. Die Planung sieht eine 9,5 Kilometer lange Ost-West-Verbindung zwischen der Bundesstraße B 388 und der Flughafentangente Ost vor. Das Planfeststellungsverfahren läuft seit neun Jahren, die letzte Erörterung fand vergangenen Winter statt. Nach der obsoleten Verkehrsprognose in Sachen Flughafen begründet die Stadt die Umfahrung jetzt mit der Anbindung des neuen Stadtteils Fliegerhorst. Für den BN und das Bündnis ist das angesichts von Klimakrise und Flächenfraß aus der Zeit gefallen. Sie forderten Mitte Mai erneut, den öffentlichen Nahverkehr und das Radwegenetz auszubauen, anstatt mit großem finanziellen Aufwand Tonnen an Asphalt, Stahl und Beton zu verbauen und so eine klimafeindliche Infrastruktur auf Jahrzehnte zu zementieren. Der Bau der Umfahrung ginge mit großer Naturzerstörung einher und würde Flächen von 35 bis 40 Hektar versiegeln. Dazu laufen die Kosten aus dem Ruder: An die 100 Millionen Euro soll das „Grün-kaputt-Projekt“ inzwischen kosten. Davon müsste die Stadt Erding 30 bis 40 Millionen finanzieren. Das Bündnis fordert nun, das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu überprüfen, wie es der Bundesrechnungshof bereits bei den Planungen für die Bundesstraßen B 26n und B 10 verlangt hat. Erst kürzlich kündigte das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium Kürzungen des Autobahnbudgets aus Kostengründen an.
Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen: Nein zu dem 100 Mio. Projekt Nordumfahrung Erding
Pressemitteilung des „Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen“
Das Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen appelliert an die Politik in Stadt- und Kreistag: Stoppen Sie die Planungen und den Bau der unnötigen Nordumfahrung Erding ED 99 sofort und endgültig! Das Erörterungsverfahren im Winter 2023/24 hat eindrücklich vor Augen geführt, dass eine weitere Planung und der Bau der Straße abzulehnen ist aus drei hauptsächlichen Gründen:
Erstens sind immense Kosten zu erwarten, die den Stadthaushalt überdimensional belasten würden. Dieses Geld ist an anderer Stelle dringend notwendig. Bisherige Schätzungen gehen von ca. 100 Mio. Euro (SZ ED vom 31.5.2023) aus, wovon 30-40 % die Stadt selber stemmen müsste. Herbert Maier, Fraktionsvorsitzender der Erdinger Grünen, erläutert: „Erding steht vor einigen kostenintensiven Projekten wie dem Hochwasserschutz, Neubau von zwei Feuerwehrhäusern, dem oberirdischen Teil des neuen Bahnhofs und der Konversion des Militärflughafens. Die Kosten für die Nordumfahrung werden gegenüber der schon älteren Kostenschätzung deutlich nach oben gehen und ich glaube nicht, dass sich Erding diese dann noch leisten kann. Hier muss man abwägen, was für die Erdinger Bürgerinnen und Bürger die wichtigere Investition ist.„
Zweitens ist keine Planrechtfertigung mehr vorhanden. Das bedeutet, dass die Planungen von vor Jahrzehnten nicht mehr dem heutigen Stand entsprechen: Alfred Schreiber, Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland (VCD) Erding/Freising/Dachau, meint: „Fakt ist, dass die ursprünglichen Prognosen der Fluggastzahlen und die Flugbewegungen am Flughafen München nicht mehr erreicht werden können und damit meilenweit daneben sind. Die 3. Startbahn ist nun endgültig Geschichte. Auch die aktuellen Verkehrszählungen ergeben keine signifikante Erhöhung der PKW- und LKW-Fahrten in Richtung Flughafen im Vergleich zu den veralteten Verkehrsprognosen.“ Eine Anbindung des Fliegerhorstareals an das überörtliche Straßennetz – sofern der neue Stadtteil überhaupt so kommt wie gedacht – ließe sich wesentlich kostengünstiger und mit weniger Naturzerstörung realisieren.
Drittens – und aus diesem Grund hat sich das Bündnis ursprünglich 2021 gegründet – geht der Bau der Straße mit großer Naturzerstörung und mit Flächenversiegelung von 35-40 ha einher und ist zudem noch extrem klimaschädigend. Wolfgang Fritz, Initiator des Bündnisses und Vorstandsmitglied der BUND Naturschutz-Kreisgruppe Erding sieht sich durch das Erörterungsverfahren in seiner Ablehnung bestätigt: „Wie kann man in dieser Zeit noch an so eine Planung aus dem vergangenen Jahrhundert festhalten. Die massiven Auswirkungen des Klimawandels sind auch hier nicht mehr zu leugnen. Und dennoch soll weiterhin Beton, Stahl und Asphalt in unglaublichem Ausmaß verbaut werden und es wird eine klimafeindliche Infrastruktur auf Jahrzehnte festgelegt, obwohl wir so dringend eine Verkehrswende hin zu öffentlicher Mobilität und Radverkehr brauchen. Die letzten Naturräume und Naherholungsgebiete vor Erdings Haustür werden zerstört, zudem wertvolle Ackerböden versiegelt die für unsere Nahrungsmittelproduktion benötigt werden.„
Das Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen appelliert an die Politikerinnen und Politiker aus Stadtrat, Kreistag und an die Regierung von Oberbayern von diesen Planungen Abstand zu nehmen und sich für eine zukunftsfähige Stadt- und Kreisentwicklung einzusetzen, die ein Leben in und um Erding auch noch in den nächsten Jahrzehnten attraktiv macht. Der BUND Naturschutz und alle weiteren Bündnispartner stehen für einen Dialog gerne zur Verfügung: Auf der Suche nach Alternativen und nach kreativen Lösungen, die eine wirkliche Mobilitätswende zum Ziel haben.
Anhang: Detailinformationen zur Bewertung von Straßenneubauten Bei derart aus dem Ruder laufenden Kosten wie es bei der ED 99 der Fall ist, wird das Verhältnis von Aufwand und Ertrag für diese Straße immer fragwürdiger. So stellt z.B. der Bundesrechnungshof (BRH) für zwei Straßenbauprojekte des Bundesverkehrswegeplans 2030 (BVWP) und zwar für die B26n und die B10 lapidar fest, dass Bedarf und Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen seien (Deutscher Bundestag, 20. WP, Drucksache 20/9700, S. 150 ff.). Der BRH mahnt beim zuständigen Verkehrsministerium (BMDV) eine Überprüfung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses (NKV) für diese zwei Bundesfernstraßen an, im Wesentlichen wegen veralteter Daten bzw. neuer Sachlagen. Und weiter heißt es in der Drucksache: „Insbesondere umwelt- und klimarelevante Aspekte könnten dabei eine deutlich höhere Bewertung erfahren.“ Analog zu dieser Überprüfung verlangen auch wir, dass Bedarf und Wirtschaftlichkeit für die Nordumfahrung Erding kritisch und ergebnisoffen überprüft und dabei kostengünstigere Alternativen einbezogen werden. Umwelt- und klimarelevante Aspekte sind beim Bau der ED 99 stark betroffen, so z.B. der enorme Flächenverbrauch, die erhebliche Landschaftszerstörung im Norden Erdings sowie der CO2-Ausstoß beim Bau der Straße durch Freisetzung beim Aushub sowie dem Verbau von Stahl, Beton und Asphalt, deren Produktion große Mengen an Kohlenstoffdioxid verursacht.
Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen: Große Zweifel an Notwendigkeit der Nordumfahrung Erding
Pressemitteilung des „Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen“
Das Erdinger Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen bestreitet vor dem ersten Erörterungstermin die angebliche Notwendigkeit einer Nordumfahrung für Erding. Hauptargumente sind die mangelnde Planrechtfertigung und die negativen Auswirkungen auf Natur, Klima, Landwirtschaft und städtische Finanzen.
Nach den aktuellen Planunterlagen (1. Tektur Feststellungsentwurf Reg v. Obb. 08.02.2021, S. 30) wird der Verkehr in der Anton-Bruckner-Straße jedoch von derzeit annähernd 20 000 Fahrzeugen nur um weniger als 3.000 abnehmen. Somit wird durch den Bau der neuen Straße eine Verkehrsentlastung für die Anton-Bruckner-Straße und der Freisinger Siedlung nicht eintreten. „Diese geringe Verkehrsentlastung wird sich lärmtechnisch nicht bemerkbar machen. Da bezweifeln wir doch sehr die Rechtfertigung für die anstehenden Ausgaben in der Größenordnung von annähernd 100 Mio. Euro. Dieses Geld fehlt an vielen Stellen in Stadt und Landkreis und darf nicht leichtfertig ausgegeben werden„, betont Wolfgang Fritz vom BN Erding, der das Bündnis bereits im Frühjahr 2021 ins Leben gerufen hat.
„Dafür muss nun der neue Stadtteil herhalten, den man jetzt nach alten Gewohnheiten mit beliebig vielen Pendler*innen vollstopfen kann, die dann natürlich über diese Straße zur Arbeit fahren müssen. Dabei soll und wird dieser Stadtteil in der Zukunft allen Planungen gemäß ganz anders funktionieren„, erläutert BN-Kreisgeschäftsführerin Sabine Lanzner. Lanzner weiter: „Die modernen Konzepte setzen auf Arbeit, Wohnen und Einkaufen vor Ort und optimale Anbindung an den ÖPNV, die hier ja mit dem S-Bahn-Ringschluss gegeben ist„. So bleibt hier nur das Problem der Lastwagen der Firma Kronthaler durch das Wohngebiet Freisinger Siedlung. Man könnte z. B. entlang der künftigen S-Bahn-Ringschluss-Trasse bis zur ED 19 eine Verbindung schaffen. Auch für die Nordanbindung (Bypass der Alten Römerstr.) durch das Fliegerhorst-Areal ließe sich ohne die Nordumfahrung ein Anschluss an das bestehende Straßennetz finden.
Der erhoffte Nutzen soll den gigantischen Flächenverbrauch, die riesigen Brücken- und Kreisverkehrsbauwerke, die den Naherholungsraum von der Stadt abschneiden und entwerten, und den immensen Schaden an einem der letzten Naturgebiete auf dem jetzigen Fliegerhorstgelände rechtfertigen. Die Stadt Erding schnürt sich dafür in ein finanzielles Korsett, das für eine sehr lange Zeit den Rückzug auf reine Pflichtaufgaben bedeutet. „Wie dann noch die Stadtgesellschaft auf die vorhandenen und die noch größeren kommenden Herausforderungen reagieren soll, daran haben wir erhebliche Zweifel“ stellt der Ortsvorsitzende des BN in Erding, Sascha Alexander, fest.
Zum Flächenverbrauch zählen nicht nur die direkt durch die Straße versiegelten Flächen, es werden begleitend für die Landwirt*innen Zuwegungen und Unterführungen notwendig, da keine landwirtschaftlichen Fahrzeuge auf der geplanten Nordumfahrung zugelassen sind. Und auch die Kreisverkehre, die statt einfacher Kreuzungen und Einmündungen geplant sind, brauchen unverhältnismäßig große Flächen. „Nachdem es wegen des Ukraine-Krieges Engpässe bei der Versorgung mit Sonnenblumenöl gegeben hatte, war jeder Hektar Ackerland so wichtig, dass die geplanten neuen Umweltstandards praktisch sofort ausgesetzt werden mussten, um die Ernährung der Welt zu sichern, aber jetzt sind die ca. 34 Hektar plötzlich nicht mehr relevant und es ist wichtiger, mit dem Auto kreuzungsfrei zur nächsten Autobahn zu kommen„, kritisiert Norbert Hufschmid-Steinmetz von der BI Langengeisling, in der in erster Linie die örtlichen Landwirte organisiert sind. Jakob Maier, Landwirt aus Niederding ergänzt: „34 Hektar sind mehr als der durchschnittliche Vollerwerbsbetrieb in Bayern hat. Wieder ein Bauernhof weniger. Wann fangen wir endlich an, das Ziel Flächen zu sparen umzusetzen? Das 5-ha-Ziel ist im Zukunftsvertrag des Bayerischen Bauernverbandes mit der Staatsregierung im September 2023 noch einmal versprochen worden. Sind diese Zusagen nichts wert?„
„Das Gebiet im Norden des Fliegerhorsts zwischen Bockhorn/Unterstrogn und Langengeisling zeichnet sich durch seine großen Wiesenflächen rund um die Startbahn und die Teiche als eines der letzten Gebiete aus, in dem Wiesenbrüter und Amphibien noch relativ ungestört ihre Lebensgrundlagen finden können„, erklärt die Kreisvorsitzende des LBV Uschi Schmidt-Hoensdorf. Auch Insekten und andere Vögel können dort bisher noch ihr Auskommen finden. Eine Straße bedeutet für viele Lebewesen ein unüberwindliches Hindernis, das die Populationen in mindestens zwei Teilpopulationen aufsplittert, die sich nicht mehr durchmischen können.
Die jüngste Prognose der Vereinten Nationen zeigt, dass die bisherigen Reduktionspläne der Länder deutlich hinter den erforderlichen Zielen zur Treibhausgas-Reduktion liegen. „In zahlreichen Kommunen werden jetzt alle Planungen auf ihre Klimawirksamkeit geprüft – im Landkreis Erding scheinen die Klimaziele von EU und Bundesregierung keine Rolle zu spielen„, wundert sich Alfred Schreiber vom VCD. Nur auf die Umsetzung mit klaren Daten und sehr ambitionierten Terminen wartet man schon lange vergeblich.
Das Bündnis fordert eindringlich eine wahrhaftige Klimabilanz, welche die Freisetzung aus dem Boden, durch den Bau und durch die Nutzung der Straße berücksichtigt. Dabei muss natürlich damit gerechnet werden, dass das Verkehrsaufkommen durch die neue Straße wachsen wird. „Das war bisher noch bei jedem Straßenbauprojekt der Fall und es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum das hier nicht so sein sollte„, so Schreiber weiter. „Außerdem wäre die Verkehrsentlastung für die Stadt Erding dadurch nur minimal. In erster Linie ist und bleibt es ein Flughafenzubringer für eine 3. Startbahn, die jedoch längst wirtschaftlich überholt ist„.
Die Verbände, die Stellungnahmen gegen den Bau der Nordumfahrung abgegeben haben, sind am Donnerstag 30.11.23 zum Erörterungstermin in die Stadthalle Erding geladen. Der Termin ist nicht öffentlich, aber das Bündnis plant eine Bild-Aktion im Vorfeld.
Nordumfahrung Erding – Ein vollkommen überflüssiges „Grün-Kaputt-Projekt“
Seit über zwanzig Jahren gibt es jetzt Planungen für die Nordumfahrung von Erding (ED99) – in den zahlreichen Einwendungen zur ersten Tektur 2021 wurde ausdrücklich auf den Aspekt Klimaschutz hingewiesen. Jetzt tauchen neue Aspekte auf, frühere Prognosen haben sich nicht bestätigt und die finanziellen Kosten laufen völlig aus dem Ruder. Das Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen fordert eine vollständige Aufgabe der Nordumfahrung Erding.
Nunmehr durch ein eigenes Gutachten „Berücksichtigung der Auswirkungen auf das globale Klima durch klimaschädliches Kohlendioxid beim Bau der Nordumfahrung durch Baustoffe und Baumaschinen“ wird nun endlich auch dieser Aspekt geprüft. Das Bündnis erwartet, dass in diesem Gutachten ausführlich und umfangreich die Belange des Klimaschutzes berücksichtigt werden. Die Ergebnisse dieses Gutachtens können eigentlich nur lauten, dass die Nordumfahrung nicht klimaverträglich sein kann und deshalb die Planungen sofort eingestellt werden müssten.
Auch die im SZ Artikel „Ein Projekt mit vielen Unbekannten“ vom 31.05.23 erwähnten neuen Verkehrsgutachten legen den Schluss nahe, dass die Nordumfahrung nicht geeignet ist, künftige Verkehrsströme sinnvoll zu lenken bzw. Verkehrsprobleme zu lösen. Weil die vorausgesagten Zunahmen zum Beispiel auf der B388 nicht zutreffen, muss jetzt der neuen Erdinger Stadtteil Fliegerhorst als Begründung für die Nordumfahrung herhalten. Auf diesem Stadtteil liegt der neue Erdinger Bahnhof mit künftigem S-Bahn-Ringschluss und Anschluss über die Walpertskirchner Spange.
„Wurde die Möglichkeit der Verlagerung des motorisierten Individualverkehrs auf die Schiene in diesen neuen Gutachten auch berücksichtigt?“ fragt sich Alfred Schreiber vom VCD Kreisverband Erding. Er erläutert weiter: „Die so vorgesehene Nordumfahrung löst nicht die Verkehrsprobleme der Stadt Erding und der Region. Auch kann es nicht im Sinne der Region sein, weiterhin an einer 3. Startbahn festzuhalten und hierfür solch eine Straßenplanung zu forcieren, die dann auch noch in nicht unerheblichem Umfang durch die Stadt Erding selbst bezahlt werden soll.“ Die Nordumfahrung würde zusätzlichen Lärm für weite Teile der Stadt Erding bedeuten, und das Naherholungsgebiet im Norden der Stadt – incl. Kronthaler Weiher – stark beeinträchtigen.
Wolfgang Fritz, Initiator des Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen und Vorstandsmitglied der BUND Naturschutz-Kreisgruppe Erding betont: „Außerdem laufen die Kosten vollkommen aus dem Ruder. Das Ende der Fahnenstange wird auch nicht bei den im Bericht genannten 90- 100 Millionen Euro liegen, sondern deutlich darüber.„
„Der Ausbau des ÖPNV und der Radwege ist der Förderung von noch mehr rollendem Straßenverkehr zu bevorzugen. Ein attraktiveres Nahverkehrsangebot würde viele Pendler entlasten und damit Natur und Kreatur. Die Versiegelung immer weiterer Flächen bringt in der Summe mehr Schaden als Nutzen„, so Ursula Schmidt-Hoensdorf, Vorsitzende des LBV Kreisverband Erding.
Hier wäre noch der Verbrauch von wertvollen Acker- und Naturflächen von ca. 35 – 40 Hektar zu nennen. So lassen sich die Ziele eines reduzierten Flächenverbrauchs von 5 ha pro Tag nicht erreichen. Außerdem werden die Bodenpreise in die Höhe getrieben und die landwirtschaftlichen Flächen werden für kleinere Landwirtschaftsbetriebe nicht mehr erschwinglich.
Das Bündnis für Klimaschutz und Flächensparen wird auf jeden Fall auf die Erörterung gut vorbereitet sein und die Planungsunterlagen einschließlich der neuen Gutachten genau unter die Lupe nehmen. Wir möchten einen Beitrag leisten für einen weiterhin lebenswerten Landkreis Erding, der auch nachfolgenden Generationen Lebensqualität, Naherholung im Norden von Erding und – neben der weiterhin bestehenden Mobilität per PKW – eine Fortbewegung mit attraktivem ÖPNV und gut ausgebauten Radwegen bietet.
B 15 neu – Konzeptlosigkeit der Bayerischen Staatsregierung
Die Bekanntgabe vom 19.01.2015 von Verkehrsminister Joachim Herrmann, die Anmeldung der „B 15 neu“ aus dem Bundesverkehrswegeplan zurückzuziehen, begrüßte der VCD ausdrücklich. Die „B 15 neu“ muss (von Regensburg her kommend) an der A 92 endgültig enden. Nunmehr hat jedoch am 30.01.2015 Ministerpräsident Horst Seehofer „eine Rolle rückwärts“ gemacht. Es werde jetzt doch eine Anmeldung zum Bundesverkehrswegeplan geben; zum einen die ursprüngliche Trasse durch den Landkreis Mühldorf – die extra aus Naturschutzgründen herausgenommen worden war (mitten durch ein wertvolles FFH-Gebiet) – und alternativ ein Ausbau der bisherigen „B 15 alt‘ mit Ortsumfahrungen durch den Landkreis Erding. Nach Ansicht des VCD wird hier die Konzeptlosigkeit der Bayerischen Staatsregierung in voller Breite sichtbar.
Mit einem Weiterbau der ‚B 15 neu‘ südlich von Landshut würde es auch zu einer Zerstörung der Landschaft und zu einem Verlust wertvoller landwirtschaftlichen Flächen kommen. Auf dem bereits fertig gestellten Teilstück der ‚B 15 neu‘ – von Regensburg bis kurz vor Landshut – kann man sich ein Bild davon machen, wie mit der ‚B 15 neu‘ eine Autobahntrasse brutal die Landschaft durchschneidet und zerstört. Anstelle einer „Bundesstraße“ praktisch eine vierspurige Autobahntrasse, mit einer bis zu 100 Meter breiten Schneise durch das tertiäre Hügelland – ein völlig überdimensioniertes Verkehrsprojekt.
Ein solcher Ausbau von Landshut nach Rosenheim ist nach Ansicht des VCD auch überhaupt nicht nötig, weder auf einer Trasse durch den Landkreis Mühldorf, noch durch den Landkreis Erding. Eine für rund 300 Millionen Euro teure Ost-Süd-Umfahrung von Landshut lehnt der VCD ebenfalls ab.
Güterverkehr sollte zunehmend auf die Schiene zu verlagert werden. So kommt immer mehr der „Kombi-Verkehr“ in den Blickpunkt der Wirtschaft. Schwerlastverkehr über große Distanzen wird dabei auf die Bahn verladen. Die bisherige B 15 im Landkreis Erding hat lediglich rund 8000 Fahrzeuge täglich, unter dem Durchschnitt einer Bundesstraße. Der Güter-Transitverkehr jedoch wird in absehbarer Zeit zunehmend auf die Schiene verlagert (Gotthard-Basistunnel kurz vor der Eröffnung, Brenner-Basistunnel ist in Bau). Es macht nach Ansicht des VCD überhaupt keinen Sinn, Schwerlast-Transit-Verkehr mittels Laster einmal quer durch Bayern zu transportieren, um dann in Kiefersfelden oder Rosenheim auf die Schiene verlagert zu werden. Dies kann genauso gut bereits in Landshut, Regensburg, Nürnberg oder Hof geschehen.
Für den Personenverkehr sollten die Schienenwege und der ÖPNV ausgebaut werden. Derzeit gibt es in Stadt und Landkreis Landshut Planungen für einen Verkehrsverbund – nach Ansicht des VCD ein richtiger Schritt. Auch im Landkreis Erding könnten beim ÖPNV die Hauptverbindungen weiter ausgebaut werden – so beispielsweise für Taufkirchen/Vils und St. Wolfgang – um mehr Leute zum Umsteigen zu bewegen.